Verschaukeln die Städte unsere Kinder?

Jeder hat das schon gesehen: Kind quengelt, ist trotzig, hat keine Lust mehr brav an Mamas Hand mitzulaufen. Kurz, die oder der Kleine hat die Nase voll. Wovon? Zum Beispiel vom Mitlaufen beim Einkaufen. Gibt’s da nicht Schöneres?

Wenn vor oder in dieser Situation der gute Esel, der tolle Traktor, Bus oder Rennwagen, ein Flieger, Hubschrauber oder die rote Feuerwehr in Kindergröße auftauchen, dann braucht es nur ganz wenig, um die Sonne wieder scheinen zu lassen.

Was es dazu noch braucht? 1. Eine Mutter oder ein Vater, die Verständnis haben und ihrem Kind 5 Minuten ihrer Zeit zugestehen, 2. eine oder zwei Euro-Münzen und 3. ein Kiddy Ride-Gerät, das Kleinchen in seine Welt eintauchen, somit Luft holen lässt und so den Stress abbauen hilft.

Ja, so einfach ist das. Und wer’s nicht glauben mag, der schaue einmal in die Kinderaugen, wenn Kinder auf so einem Teil sitzen und dabei vielleicht etwas Süßes schlecken. Danach ist meist alles wieder gut und der Akku wieder aufgeladen für mindestens eine weitere Mitlaufstunde an Mamas oder Pappas Hand – ganz ohne Stress.

Natürlich gibt es hierzu auch andere Sichtweisen. So z. B. die der Städteverwaltungen, denn Kiddy Ride-Geräte stehen ihnen überraschend oft im Weg, auch wenn sie abends vom Gehweg entfernt werden. Oder liegt es daran, dass eine Sondergenehmigung zu erteilen Aufwand bedeutet? Wem sie noch im Weg stehen? Dem Reinigungsdienst, der ohnehin nicht überall perfekt kehrt, der Feuerwehr, für die offensichtlich so etwas störend ist, jedoch kein Klappposter, Verkaufsstand oder Fahrradständer. Und noch einer Gruppe sind derartige Geräte ein Dorn im Auge: Denen, die einfach wenig kinderorientiert sind und lieber nüchtern durchgestylte Straßenzüge also „zweckmäßige“ Einkaufsmeilen bevorzugen als liebenswerte und menschen-/kinderfreundliche mit Flair.

Sage und schreibe 35 (!) Städte und Gemeinden sind dem VAFA aktuell bekannt, die nicht bereit sind eine Aufstellgenehmigung für die oben beschrieben Kiddy-Ride-Automaten, auch nicht gegen Zahlung einer angemessenen Sondernutzungsgebühr (mehr dazu unten), zu erteilen, jedoch teilweise Verkaufsstände und andere „Hindernisse“ zulassen. Dabei zeigt die Mehrzahl der Städte und Gemeinden, dass es auch anders geht. Sondernutzungsgebühren sind bei Ihnen gar nicht erforderlich oder werden sogar als unverhältnismäßig angesehen, denn sowohl Nutzer wie Platzgeber sind von unserem Angebot gleichermaßen angetan, wird so doch zudem die Verweildauer der potenziellen Kunden in diesen Bereichen erhöht.

Welch kinderfeindliche Einstellung verbirgt sich hinter derartigen Ablehnungen. Könnte nicht das Leben in den doch oft kalten Betonschluchten unserer Verkaufsmeilen für alle viel lebenswerter sein, wofür es eine Vielzahl positiver Beispiele gibt. In Deutschland wie auch im Ausland.

Wie wichtig Kiddy Rides für unsere Kleinsten sind, schildert ein Fachmann: „Das Kind hat die Erwartung, was passiert, wenn ich eine Münze einwerfe. Es kommt also nicht nur auf das Schaukeln an, sondern auch auf das Erfolgserlebnis. Deshalb kann ein Kinderunterhaltungsgerät nicht mit einem kostenlosen von einer Stadt aufgestellten Spielgerät verglichen werden. Die Benutzung eines Automaten gehört also zur Teilhabe am täglichen Leben.“ Und eben diese wird selbst von der UN-Kinderrechtskonvention eingefordert. Sie wurde auch von Deutschland ratifiziert. Ob der Text allerdings im Lande bekannt ist, bleibt noch einmal zu hinterfragen. Da heißt es in Artikel 3 Absatz 1 der Konvention, inzwischen auch in der Bundesrepublik ohne Einschränkung ratifiziert, dass „bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, …das Wohl des Kindes … vorrangig zu berücksichtigen ist“. Wäre doch schön, wenn es hier ähnlich der Regel vor Gericht „im Zweifel für den Angeklagten“ hieße: Im Zweifel für das Kind.

Es geht noch weiter: Wie bereits oben beim Wunsch um eine auch bzgl. der Umsätze angemessene Sondernutzungsgebühr erwähnt, entwickelt eine wachsende Zahl von Städten hierzu Vorstellungen jenseits von Gut und Böse. Gerne geht dabei unter, dass der Platzgeber/Vertragspartner des Automaten-Fachaufstellers für Energiekosten, Reinigung und Arbeitsaufwand zwischen 20 und 50% des Ertrags (ca. 30,00 – 300,00 € pro Monat) erhält und vom Aufsteller selbst das Gerät mit einem erheblichen Invest zu Buche schlägt, der sich in der Regel erst nach mehreren Jahren amortisiert; hinzu kommen Aufwand für Service und Logistik sowie die abzuführende MwSt. Berücksichtigt man die vorgenannten Faktoren, dann verdeutlichen die folgenden Beispiele das Missverhältnis und grenzen bereits an Sittenwidrigkeit. Oder ist es nicht schon Abzocke?

  • Duisburg verdoppelte den Betrag vor einigen Jahren auf 220 € pro Jahr
  • Düsseldorf meint, 1,10 € täglich seien in Ordnung. Das sind 401,50 € jährlich, mit MwSt. sind das 478 €.
  • Kiel nimmt monatlich 12,50 € per 1m², gibt aber immer nur 4m²-weise ab. Dann sind das monatlich 50 €, jährlich 600 €, mit MwSt. 714 €.

zum Vergleich:

  • Bielefeld-Brackwede 36 €
  • Höxter 43 €
  • Hagen 68 €
  • Detmold 150 €
  • Darmstadt 150 €

Wir klagen hier weder „auf hohem Niveau“, noch ist unsere Kritik wohl überzogen.
Zu oft „stellt sich die Politik voll hinter den Mittelstand“ und zeigt sich in ihren Forderungen gerne „sozial orientiert“; sind wir nicht ein Sozialstaat? Doch wie sieht die Realität aus? Das Wohl der Bevölkerung wie das der mittelständischen Wirtschaft gehört auf allen Ebenen schnellstens wieder mehr in den Fokus unserer Politik.

Wir fordern hier im Sinne unserer Kritik aktiv zu werden, konkret. Für unsere Kleinsten, damit sich diese nicht verschaukelt fühlen. Natürlich auch für unsere in diesem Geschäftszweig engagierten Mittelständler. Und das, bevor es diesen keinen Spaß mehr macht.

2017-11-20T09:17:20+01:00